Mangelerscheinungen bei Kindern
Laut Ernährungsfachleuten ist Deutschland zwar kein „Vitaminmangelland“, eine Unterversorgung mit verschiedenen Vitaminen und Mineralstoffen kommt jedoch bei Kindern und Jugendlichen mehr oder weniger häufig vor. Welche das sind und zu welchen Mangelsymptomen eine unzureichende Zufuhr führen kann, haben wir in diesem Artikel für Sie zusammengestellt. So können Sie ein Auge darauf haben, dass Ihr Kind optimal mit allen Nährstoffen versorgt ist, die es für eine gesunde Entwicklung braucht und ein Mangel erst gar nicht entsteht.
Unterversorgung und Mangel
Eine Unterversorgung liegt dann vor, wenn die Zufuhrempfehlungen für bestimmte Nährstoffe, zum Beispiel die D-A-CH-Referenzwerte der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE), regelmäßig nicht erreicht werden, weder durch klassische Lebensmittel noch durch Nahrungsergänzungsmittel. Von einem Mangel spricht man, wenn der Körper über einen längeren Zeitraum mit Vitaminen und Mineralstoffen unterversorgt ist und klinisch relevante Symptome auftreten.
Vitaminbedarf bei Kindern
Weil Kinder wachsen und sich mehr bewegen als Erwachsene, brauchen sie bezogen auf ihr Körpergewicht mehr Energie und Nährstoffe, um sich körperlich und geistig optimal zu entwickeln, sich gut konzentrieren zu können und widerstandsfähig gegen Krankheiten zu sein. Wie verschiedene Studien zeigen, essen Kinder aber häufig nicht immer das, was für eine ausgewogene Ernährung empfohlen wird. So nehmen laut der Kinder-Ernährungsstudie zur Erfassung des Lebensmittelverzehrs (KiESEL) schon kleinere Kinder im Alter bis zu fünf Jahren zu viele Süßigkeiten und Softdrinks zu sich, außerdem zu viel Fleisch. Hier stellt sich die Frage, ob der Vitaminbedarf und der Bedarf an Mineralstoffen bei Kindern gedeckt werden können.
Kritische Nährstoffe für Kinder und Jugendliche
Laut der Ernährungsstudie EsKiMo II erreichen Kinder – entweder alle oder in bestimmten Altersgruppen – nicht die D-A-CH-Referenzwerte für folgende Vitamine und Mineralstoffe:
- Die Zufuhrwerte für Vitamin E, Folsäure, Eisen und Calcium liegen bei Kindern aller Altersgruppen großenteils unterhalb der D-A-CH-Referenzwerte, bei Jod sogar deutlich.
- Bei den 6- bis 11-Jährigen liegt die Zufuhr von Vitamin A mehrheitlich unter den D-A-CH-Referenzwerten.
- Bei Mädchen im Alter von 12 bis 17 Jahren liegt die Zufuhr von Vitamin B12 deutlich unterhalb der D-A-CH-Referenzwerte. Auch bei Eisen unterschreiten sie nicht nur die Zufuhrempfehlungen der DGE.
- Die mittlere Zufuhr von Vitamin D über die Nahrung ist sowohl bei Jungen als auch bei Mädchen aller Altersgruppen erheblich niedriger als die D-A-CH-Referenzwerte. Hier ist jedoch anzumerken, dass Vitamin D durch UV-Strahlung des Sonnenlichts in der Haut gebildet wird. Daher trägt der regelmäßige Aufenthalt im Freien maßgeblich zur Vitamin-D-Versorgung bei.
Symptome eines Vitaminmangels
Wie oben schon beschrieben, erhöht eine Unterschreitung der Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr die Wahrscheinlichkeit, dass Kinder mit bestimmten Nährstoffen unterversorgt sind. Das bedeutet nicht, dass zwangsläufig ein Mangel entsteht. Tatsächlich ist ein Vitaminmangel in Deutschland eher selten. Dennoch kommt es vor, dass Kinder und Jugendliche in bestimmten Situationen wie Wachstumsphasen und bei bestimmter Ernährungsweise über einen längeren Zeitraum nicht ausreichend mit Vitaminen versorgt sind.
Zunächst können unspezifische Mangelsymptome wie Müdigkeit, allgemeine Leistungsschwäche, Aufmerksamkeitsprobleme und Konzentrationsstörungen, Nervosität oder Reizbarkeit auftreten. Auch Appetitverlust, Wachstumsstörungen, Muskel-, Gelenk oder Kopfschmerzen sowie Gewichtsverlust können allgemeine Anzeichen für einen Vitaminmangel sein, außerdem ein geschwächtes Immunsystem mit erhöhter Infektanfälligkeit. Ein sogenannter manifester Vitaminmangel besteht dann, wenn gesundheitliche Probleme spürbar sind, die sich in charakteristischen Mangelsymptomen zeigen.
Diagnose eines Vitaminmangels
Ob Ihr Kind tatsächlich an einem Vitaminmangel leidet, lassen Sie am besten von einer Ärztin oder einem Arzt abklären. Denn gerade den unspezifischen Symptomen könnten auch andere Ursachen zugrunde liegen, zum Beispiel Infektionen oder andere Erkrankungen, Schlafprobleme oder psychische Belastungen. Neben einer körperlichen Untersuchung liefert eine ausführliche Befragung (Anamnese) zu Symptomen und Ernährungsgewohnheiten erste Hinweise auf einen Vitaminmangel. Meist lässt sich dieser dann mithilfe einer Blutuntersuchung zweifelsfrei feststellen und durch eine Ernährungsumstellung oder die Einnahme von Arzneimitteln beheben.
Spezifische Mangelsymptome
Die spezifischen Symptome bei einem Mangel an bestimmten Vitaminen und Mineralstoffen sind von deren jeweiligen Funktionen abhängig. Informationen dazu haben wir im Folgenden zusammengestellt.
Vitamin A
Weil Vitamin A bei Menschen und Tieren in der Leber gespeichert wird, ist tierische Leber das Lebensmittel mit dem höchsten Vitamin-A-Gehalt. In kleineren Mengen ist Vitamin A, auch Retinol genannt, in Eiern, Käse und Hering enthalten. Gemüse wie Kürbis, Möhren Spinat und Grünkohl enthält Vitamin A in Form seiner Vorstufe ß-Carotin. Um die Zufuhrempfehlungen zu erreichen, muss zwölfmal so viel ß-Carotin aufgenommen werden wie Vitamin A. Das ist besonders wichtig zu wissen, wenn Kinder vorwiegend oder – wie bei veganer Ernährung – ausschließlich über ß-Carotin mit Vitamin A versorgt werden.
Vitamin-A-Mangel
Ein klinisch sichtbarer Vitamin-A-Mangel ist weltweit verbreitet und betrifft neben Schwangeren vor allem Kinder bis zum fünften Lebensjahr. In Deutschland dürfte ein ausgeprägter Mangel jedoch selten sein. Je nachdem, wie lange der Mangel besteht und wie ausgeprägt er ist, können die Symptome mild oder schwerwiegend sein:
- Ein frühes und häufiges Symptom ist die Nachtblindheit. Betroffene haben Schwierigkeiten, bei schwachem Licht oder in der Dunkelheit gut zu sehen.
- Ein Vitamin-A-Mangel kann zu trockener und schuppiger Haut führen. In schweren Fällen kann sich eine sogenannte Hyperkeratose entwickeln, bei der die Haut, aber auch die Schleimhäute verhornen, also verdickt und rau werden.
- Ein Mangel an Vitamin A kann das Immunsystem schwächen, sodass Infektionen vermehrt auftreten. Außerdem verlaufen Infektionen schwerwiegender, vor allem Masern.
Mangel an B-Vitaminen
Zum Vitamin-B-Komplex gehören acht verschiedene Vitamine, die gemeinsam unter anderem wichtige Rollen im Stoffwechsel, für die Psyche, im Nerven- und Immunsystem sowie für Zellteilung und Wachstum spielen. Vor allem die Versorgung mit Vitamin B2, Folsäure und Vitamin B12 kann bei Kindern und Jugendlichen eine Herausforderung sein, da sie häufig zu wenig davon aufnehmen. Vitamin B12 ist außerdem für alle vegan lebenden Menschen kritisch, da es fast ausschließlich in tierischen Lebensmitteln vorkommt.
Ein Mangel an den verschiedenen B-Vitaminen kann sich zum Beispiel folgendermaßen äußern:
- Vitamin B1 (Thiamin): Ein Thiaminmangel kann zu Kreislaufproblemen und neurologischen Störungen wie z. B. Fußbrennen führen.
- Vitamin B2 (Riboflavin): Bei einem Riboflavinmangel kann es zu eingerissenen Mundwinkeln und Hautausschlag kommen.
- Vitamin B6 (Pyridoxin): Entzündungen der Haut und Schleimhaut, Appetitlosigkeit, Schlafstörungen, Reizbarkeit, depressive Verstimmungen
- Vitamin B12 (Cobalamin): Müdigkeit, permanente Abgeschlagenheit, Blässe, allgemeine Leistungsschwäche
Vitamin-C-Mangel
Bei massivem Vitamin-C-Mangel kann es zu Zahnfleischbluten und Wundheilungsstörungen kommen. Allerdings ist ein Mangel an Vitamin C in Industrieländern wie Deutschland heutzutage selten. Denn die Zufuhrempfehlung für Vitamin C lässt sich leicht über die Ernährung erreichen, zum Beispiel über die fünf Portionen Obst und Gemüse, wie sie von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung empfohlen werden.
Da Vitamin C wasserlöslich und hitzeempfindlich ist, sollten Sie Obst und Gemüse gründlich, aber nur kurz waschen. Gemüse dünsten Sie am besten nur kurz, um Vitaminverluste gering zu halten.
Vitamin-D-Mangel bei Säuglingen und Kleinkindern
Eine Unterversorgung mit Vitamin D unterschiedlichen Grades bis hin zu spezifischen Mangelsymptomen ist in Deutschland nicht selten. Laut der Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (KiGGS) war fast die Hälfte der Kinder mangelhaft oder suboptimal mit Vitamin D versorgt.
Die Symptome eines Vitamin-D-Mangels betreffen in erster Linie die Knochengesundheit. Bei Säuglingen und Kindern führt der fehlende Einbau von Mineralstoffen wie Calcium zur Erweichung der Knochen. Bei diesem Krankheitsbild, der sogenannten Rachitis, kommt es zu schwerwiegenden Störungen des Knochenwachstums und zu bleibenden Verformungen des Skeletts. Bei den betroffenen Kleinkindern werden zudem häufig eine verringerte Muskelkraft und eine erhöhte Infektanfälligkeit beobachtet.
Rachitis-Prophylaxe
Zur Rachitis-Prophylaxe empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ), Säuglingen ab der ersten Lebenswoche bis zum Ende des ersten Lebensjahres ein Vitamin-D-Präparat in Form von Vitamin-D-Tabletten oder Vitamin-D-Tropfen zu geben. Dies gilt sowohl für Stillkinder als auch für nicht gestillte Babys und ist unabhängig von der endogenen Vitamin-D-Synthese und der Vitamin-D-Zufuhr durch die Muttermilch oder Säuglingsmilchnahrungen.
Die DGKJ empfiehlt außerdem, die Prophylaxe im zweiten Lebensjahr in den Wintermonaten fortzuführen. Aber nicht nur für Kleinkinder, sondern auch beim Vorschulkind, für größere Kinder, Jugendliche und Erwachsene können Nahrungsergänzungsmittel hilfreich sein, um den Tagesbedarf zu decken und eine Unterversorgung sowie einen Mangel an Vitamin D rechtzeitig zu verhindern.
Rolle von Vitamin D abseits der Knochengesundheit
Eine Vitamin-D-Unterversorgung wird nicht nur mit Erkrankungen aus dem Skelettsystem in Zusammenhang gebracht, sondern auch mit diversen anderen Krankheiten. Zwar konnten in den meisten Fällen keine belastbaren Beweise für eine ursächliche Wirkung erbracht werden. In einer großen Übersichtsstudie beobachteten die Forschenden jedoch einen umgekehrten Zusammenhang von niedrigen Konzentrationen an 25(OH)D im Blutserum der Teilnehmenden und folgenden Erkrankungen:
- Je niedriger der Vitamin-D-Status war, desto höher war das Risiko für Atemwegsinfektionen.
- Beobachtungsstudien zeigten auch einen umgekehrten Zusammenhang zwischen dem Vitamin-D-Status und dem Risiko für Demenz und der Abnahme der kognitiven Leistungsfähigkeit sowie Depressionen.
- Außerdem gibt es Hinweise darauf, dass ein angemessener Vitamin-D-Status in der Kindheit das Risiko für die Verschlechterung von Asthma verringern kann.
Schlussfolgerungen für die Prävention von COVID-19 ließen sich in der Übersichtsstudie nicht ableiten, da die zugrundeliegenden Daten vor der Corona-Pandemie erhoben worden waren.
Auch für Bluthochdruck, Diabetes mellitus Typ 1 und 2 sowie Herz-Kreislauf- oder Krebserkrankungen gibt es bislang keine Beweise für kausale Zusammenhänge mit der Vitamin-D-Versorgung. Beim Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätssyndrom (ADHS), bei Adipositas oder Multipler Sklerose im Kindes- und Jugendalter zeigten randomisierte kontrollierte Studien ebenfalls keine signifikanten oder klinisch relevanten Effekte von Vitamin D.
Eisenmangel
Eisen gehört zu den Mineralstoffen, genauer gesagt zu den Spurenelementen. Eisen trägt zur normalen kognitiven Entwicklung von Kindern bei. Damit ist eine ausreichende Eisenzufuhr gemäß den D-A-CH-Referenzwerten auch wichtig für die schulische Leistung.
Wie allerdings die KiGGS-Studie des Robert Koch-Instituts (RKI) zeigt, haben fünf Prozent der Kinder in Deutschland einen Eisenmangel. Im Alter zwischen 14 und 17 Jahren ist jedes vierte Mädchen betroffen. Und bei jedem zehnten Kind unter zwei Jahren wurde ebenfalls ein Eisenmangel festgestellt.
Symptome eines Eisenmangels
Eine besondere Risikogruppe für einen Mangel an Eisen sind Kinder zwischen sechs Monaten und vier Jahren, eine andere Jugendliche in der Wachstumsphase. Auch bei vegetarischer oder veganer Ernährung ist Eisen ein kritischer Nährstoff.
Wenn Sie folgende Symptome bei Ihrem Kind beobachten, lassen Sie am besten beim Kinderarzt oder der Kinderärztin abklären, ob Ihr Kind an einem Eisenmangel leidet:
- Blässe
- rasche Ermüdung
- Wachstumsstörungen
- Appetitlosigkeit
- Kopfschmerzen
- Schwindel
- rascher Herzschlag
- Atemnot bei körperlicher Belastung
Zusätzliche Hinweise auf einen Eisenmangel kann die Schädigung von Haut und Schleimhäuten liefern, z. B.
- rissige Mundwinkel
- Haarausfall
- brüchige, verformte Nägel
- glatte und gerötete, manchmal schmerzende Zunge
Calcium
Calcium wird für ein gesundes Wachstum und eine gesunde Entwicklung der Knochen bei Kindern benötigt. Grundsätzlich lassen sich die Zufuhrempfehlungen recht einfach mit Milch und Milchprodukten decken, aber nicht alle Kinder mögen oder vertragen diese. Und auch bei veganer Ernährung kann die Calciumversorgung schwierig werden.
Wie verschiedene Studien zeigten, liegt Calciumaufnahme vieler Kinder und Jugendlicher ganz unabhängig von der Ernährungsweise unterhalb der empfohlenen Zufuhr. Das bedeutet zwar nicht zwangsläufig, dass ein Mangel vorliegt. Im Hinblick auf die Knochengesundheit sollte eine mögliche Unterversorgung aber möglichst rasch behoben werden. Falls Ihr Kind keine Milchprodukte isst, können Sie durch folgende Lebensmittel für mehr Calcium in der Ernährung sorgen:
- grünes Gemüse wie Brokkoli, Grünkohl und Rucola
- Nüsse
- Hülsenfrüchte
- Sojaprodukte wie Tofu
- calciumreiches Mineralwasser (mehr als 150 mg Calcium pro Liter)
- mit Calcium angereicherte Pflanzendrinks
Symptome eines Calciummangels
Zu einem Calciummangel kommt es, wenn die Zufuhr von Calcium mit der Ernährung über einen langen Zeitraum niedrig ist. Es kann aber auch sein, dass ein Vitamin-D-Mangel vorliegt. Denn Calcium kann seine Funktionen im Körper nur dann gut erfüllen, wenn gleichzeitig ausreichend Vitamin D vorhanden ist.
Wird im Darm langfristig zu wenig Calcium aufgenommen, baut der Körper Knochenmasse ab, um die Calciumkonzentration im Blut aufrechterhalten. Dadurch werden die Knochen instabil und können erweichen (siehe Rachitis bei Vitamin-D-Mangel).
Außerdem können folgende Mangelsymptome auftreten:
- Kribbelgefühl um den Mund herum sowie an Händen und Füßen aufgrund gesteigerter Erregbarkeit der Nerven
- Muskelzucken und Krämpfe
- trockene, rissige Haut
- Haarausfall
- Querrillen auf den Nägeln
- Depressionen und Angststörungen
Medical Advisor
DR. KADE
Medical Advisor, Medical Affairs
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